ÖAZ Aktuell (Ausgabe 24/2001)

G. Hell & Co, Fabrik pharmazeutisch-chemischer Produkte in Komorau, Troppau und Wien

Der Pächter der Apotheke »Zum weißen Engel« in Troppau (Österreichisch-Schlesien), Mag. pharm. Gustav Hell (1843–1921) (19), fühlte sich durch seine Tätigkeit in der kleinen Apotheke nicht genügend ausgelastet und kaufte 1875 gemeinsam mit seinem Schwager Dr. Mag. Alois Hellman (1841–1903) (20) die kleine Firma des Anton Berger in Troppau zur Erzeugung von Teerpräparaten und medizinischen Teerseifen. Ab 1879 begann Hell auch mit der Herstellung von pharmazeutischen Extrakten. Die Güte dieser Extrakte bewirkte eine ständige Nachfrage, so dass das Apothekenlaboratorium zur Erzeugung der Extrakte allmählich zu klein wurde. 1882 verlegte Hell die Erzeugung in ein anderes Gebäude, in dem er ein mit den modernsten Geräten ausgestattetes Großlaboratorium einrichtete. Es war nun möglich, außer Extrakten auch Arzneipulver, Pflaster, verschiedene Galenika und pharmazeutische Zuckerwaren herzustellen. Finanzielle Notwendigkeiten führten dann 1883 zur Gründung der Firma G. Hell & Co und zur Loslösung der neuen Firma von der Apotheke, deren Pächter Hell allerdings weiterhin blieb, bis er 1886 Miteigentümer und Konzessionär der Apotheke wurde (21). 1885 verlegt er die Firma in den nahegelegenen Ort Komorau, wo eine pharmazeutische Fabrik aufgebaut wurde. Man begann nun auch mit der Erzeugung von verschiedenen chemischen Produkten, von Vaselin, von pharmazeutischen Spezialitäten und Verbandstoffen (22). Die Firma G. Hell & Co gehörte bald zu den größten pharmazeutischen Fabrikationsbetrieben der alten Monarchie. Die großartige Entwicklung dieser chemisch-pharmazeutischen Fabrik wurde durch den 1. Weltkrieg unterbrochen. Als dann 1918 die Sudetenländer der neuen Republik Tschechoslowakei zugeordnet wurden, bedeutete dies zwar nicht das Ende der Firma, aber doch eine Krise und eine schmerzhafte Umstellung auf die neuen Gegebenheiten. Hell erwog sogar, die Erzeugung ganz nach Wien zu verlegen. Knapp vor dem Tode Gustav Hells – er starb im Dezember 1921 (23) – wurde die Firma Hell & Co in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (24). Die Apotheke »Zum weißen Engel« ging an seinen Schwiegersohn Mag. pharm. Ernst Hamel (25), die Leitung der neuen AG wurde größtenteils Mag. pharm. Gustav Hell jun. anvertraut. Durch die 1945 erfolgte Vertreibung der Sudentendeutschen aus der Tschechoslowakei verlor G. Hell jun. alles. Er fand bei einem seiner Söhne in Österreich eine neue Heimat.

19 Kurt Ganzinger, Gustav Hell in: Deutsche Apotheker-Biographie. Stuttgart 1975, Bd. I, S. 257, 258
20 wie 19, S. 259, 260
21 Gustav Hell: Die Apotheke »Zum weißen Engel« in Troppau. In: Dr. Hans Heger, Apothekenbilder von Nah und Fern. Wien 1905, Heft III, S. 81
22 Dr. Hans Heger: G. Hell & Co. In: Dr. Hans Heger, Apothekenbilder von Nah und Fern. Wien 1905, Heft III, S. 83–96
23 PhP 54 (1921) 409
24 PhP 54 (1921) 364
25 PhP 54 (1921) 413
[http://www.oeaz.at/zeitung/3aktuell/2001/24/haupt/haupt24_2001ents.html - 2006-07-31]